Weit weg


Zum ersten Mal in meinem 24 Jahre alten Leben bin ich an Weihnachten nicht daheim. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dieses Fest ohne Familie, Schnee und erzgebirgische Volkskunst, dafür aber mit Regen, Hitze und Menschen, die ich erst seit 4 Monaten kenne, zu feiern. Aber immer der Reihe nach.

Vom 22. Dezember bis 07. Januar haben wir frei. Während Eness, Memory und Gilbert nach Hause zu ihren Familien gefahren sind, bleiben wir zunächst in unserem sambischen Zuhause. Wir füllen die ersten Tage grob gesagt mit Schlafen, Fernsehen und Essen. In Sambia wird erst am 25. Dezember gefeiert, nichtsdestotrotz haben wir Weihnachten bereits am 24. eingeläutet. Nach einem leckeren Abendessen mit Manuel, dem für uns zuständigen Missionar, und einem Freund von ihm, der gerade zu Besuch ist, war Bescherung angesagt. Wir haben vorher per Los entschieden, wer wen beschenken darf. Das Geschenk durfte höchstens 10 Kwacha (das entspricht ca. 73 Cent) kosten. Das erscheint auf den ersten Blick wenig, doch wir sind alle fündig geworden: Neben einer Wasserspritzpistole, Süßigkeiten und Guaven-Saft stellte auch Puddingpulver ein Geschenk dar. Dieses haben wir noch am selben Abend als Nachtisch geopfert. Nachdem wir noch einige Weihnachtslieder gesungen und gequatscht haben, sind wir auch schon ins Bett gegangen. Es war ein schöner und lustiger Abend, nichtsdestotrotz habe ich meine Heimat an diesem Tag zum ersten Mal richtig vermisst, vor allem die Traditionen meiner Familie, die diesen Tag so besonders machen. 
Am 25. Dezember war ich dann gemeinsam mit Tobi in einem typisch sambischen Weihnachtsgottesdienst. Die Kirche war festlich geschmückt – inklusive blinkendem Plaste-Tannenbaum, Luftballons und viel Blingbling. Der Gottesdienst sollte um 10 Uhr beginnen, jedoch waren wir zu diesem Zeitpunkt die Einzigen in der Kirche. Erst gegen 11 Uhr wurde es langsam voller, gegen 11.30 Uhr ging der Gottesdienst dann auch wirklich los. Wir haben im Gottesdienst viele Weihnachtslieder auf Bemba (das ist eine der 72 Sprachen, die in Sambia gesprochen wird) gesungen, sind dabei jedoch kläglich gescheitert, die Kinder haben ein kleines Krippenspiel aufgeführt, die Jugendlichen haben gerappt (Sprechgesang ist voll im Trend) und der Leiter der Gemeinde hat eine Stunde lang über Jesus‘ Geburt gepredigt. Anschließend sollte ein gemeinsames Mittagessen stattfinden. Nach fast 1.5 Stunden Pause, in der eine Ziege geschlachtet und gegrillt, Kartoffeln und Reis gekocht und Tische aufgebaut wurden, gab es dann auch ein sehr leckeres Festmahl. Und ich kann sagen: Wenn ich hier etwas lerne, dann Geduld! Leider hat auch dieser Tag nur wenig Weihnachtsstimmung in mir aufkommen lassen. 
Doch ich hatte nur wenig Zeit, traurig darüber zu sein, denn am 26. Dezember sind wir alle an den Zambezi, dem größten Fluss Sambias, gefahren. Der Hinweg führte uns zunächst über 320 km nach Lusaka, der Hauptstadt Sambias, und anschließend 80 km durch kleine Dörfer, Urwald und Gestrüpp zum Lower Zambezi Nationalpark. Die Straßen dorthin waren wirklich mehr Trampelpfad als alles andere, Manuel musste zwischenzeitlich immer wieder aus dem Auto aussteigen und die vor uns liegende Straße zu Fuß ablaufen, um zu sehen, wie und wo er fahren kann. Doch unser robuster Landcruiser und Manuels Können hinter’m Steuer haben uns sicher ans Ziel gebracht. An der Lodge im Nationalpark angekommen, haben wir unsere Zelte aufgebaut und – ganz wichtig – unsere Hängematten befestigt:  Vor uns lagen nun also drei Tage Safari. Ich war so aufgeregt wie schon lange nicht mehr! Da die Straßen im Nationalpark aufgrund des Wetters während der Regenzeit nicht befahrbar sind, haben wir uns an zwei Tagen mit dem Boot auf die Suche nach afrikanischen Wildtieren gemacht. Wir sind auch schnell fündig geworden: Neben unzähligen Nilpferden, einer Herde Wasserbüffel, Antilopen, Gazellen, riesigen Krokodilen, interessanten Pflanzen, einem Löwen und den verschiedensten Vögeln haben wir auch viele Elefanten gesehen. Einer Gruppe Elefanten sind wir beim Schwimmen scheinbar ein bisschen zu sehr auf die Pelle gerückt – ein ausgewachsener Elefantenbulle änderte plötzlich seine Richtung und kam auf uns zu geschwommen. Elefanten sind für ihre Größe und ihr Gewicht wahnsinnig schnell, und kurz habe ich gedacht, der Elefanten kentert unser Boot. Glücklicherweise konnte unser Guide Mathias gerade noch rechtzeitig unser Wassergefährt wenden und davon düsen. Mir ist echt das Herz in die Hose gerutscht, auch wenn Mathias uns immer wieder versicherte, dass er alles unter Kontrolle hat. Da war ich mir wirklich nicht sicher. Grund zum Zweifeln hatte ich auch am nächsten Tag, als er wie wild auf ein Krokodil am Ufer zusteuerte. Mit vollem Tempo sind wir auf die kleine Insel, auf der das Reptil sich sonnte, aufgefahren, direkt neben uns das Krokodil. Es wäre ein leichtes für das Tier gewesen, in unser Boot zu steigen, wir hätten nicht schnell genug flüchten können, da Mathias durch sein Anlegemanöver das Boot an Land befördert hatte. Doch auch hier hatten wir mehr Glück als Verstand. Das Krokodil hat sich ins Wasser verzogen und wir haben unversehrt den Rückweg zur Lodge angetreten. Ich habe die Zeit im Nationalpark sehr genossen, und ich kann noch immer nicht in Worte fassen, wie beeindruckt ich von dieser wunderschönen Schöpfung hier in Sambia bin. Ich bin so dankbar, das gesehen haben zu können, denn es zeigt mir einmal mehr, wie groß, kreativ und vielfältig Gott ist!
Die festlich geschmückte Kirche.

Die Sambier mögen alles, was glitzert und blinkt. 

Die Kinder haben sich herausgeputzt für das Krippenspiel. Das war mein Highlight im Gottesdienst, die Kids haben sich richtig viel Mühe gegeben.

Auf dem Weg zum Nationalpark fahren wir durch einsame Dörfer.

Außerdem führt uns die Straße durch Dschungel, Gestrüpp und über Geröll.

Weit und breit nichts außer Urwald.

Ein einziges Mal steckte der Landcruiser fest. Wir mussten uns den ganzen Berg runter rollen lassen und dann viel Anlauf nehmen, um den Hügel überwinden zu können.

Kein Foto kann die Schönheit dieser Natur wiedergeben. Ich bin wirklich verliebt.

Die Straße durch den afrikanischen Busch wird Lusaka Road genannt - wobei der Name "Road" wirklich nicht gerechtfertigt ist. Viel eher ist es ein Trampelpfad.

Unser Camp auf dem Lodge-Gelände.

Und das ist die Lodge - direkt am Zambezi.

Auf dem Lodge-Gelände leben viele Affen. Nachts treibt auch ein Nilpferd sein Unwesen auf dem Campingplatz. Eines Nachts grast es auch direkt neben unserem Zelt. Das ist nicht ganz ungefährlich: Am zweit-häufigsten sterben Menschen in Afrika durch Nilpferde, da sie tot getrampelt oder zerbissen werden.

Der Zambezi beim Sonnenuntergang. 



Mit diesem Boot geht es auf Safari-Tour.

Und das ist unser Guide Mathias. Er hatte stets alles unter Kontrolle.

Gleich zu Beginn unserer Tour haben wir einen Wasserbüffel gesehen.


Die Elefanten haben mich am meisten fasziniert. Sie in ihrem natürlichen Umfeld erleben zu können, ist unbeschreiblich. Sogar ein "Töröööö" habe ich hören dürfen.

Dieser Elefant wollte unser Boot kentern. Adrenalin pur, wenn so ein mächtiges Tier auf dich zusteuert.

Diese Herde besteht nur aus Elefantenkühen und ihren Kindern. Wir haben sie lange beim Planschen beobachtet.

Typisch deutsche Touristen.

Am liebsten essen die Dickhäuter eine Art Schilfgras.

Boots-Selfie mit Jannik.

Diese Landschaft. Dazu muss ich ja nichts mehr sagen...

Diesem Kollegen waren wir für meinen Geschmack ein bisschen zu nah.

Die Nilpferde beobachten uns skeptisch.

Sie können nicht schwimmen, sondern nur am Grund entlang laufen. Bis zu 10 Minuten halten sie die Luft an.

Sobald wir uns genähert haben, sind die Nilpferde im Wasser verschwunden. Sie sind wirklich scheu.

Am Abend konnten wir sogar hören, wie die Nilpferde miteinander kommunizieren. Sie stoßen leise Brüll-Laute aus.

Das soll der größte Vogel Afrikas sein. Allerdings habe ich seinen Namen vergessen.

Wir haben auch viele andere Vogelarten gesehen.

Auf dem Rückweg vom Nationalpark nach Ndola wollten wir am Straßenrand Bananen kaufen. Sofort kommen 6 Frauen angerannt und halten uns ihre Produkte ins Auto. Um jeden Preis wollen sie uns ihre Früchte verkaufen. So ist das jedes Mal, wenn wir unterwegs halten. Am Ende kaufen wir einen Bund Bananen für ca. 80 Cent.

Kommentare

  1. Liebe Magdalena,
    ich freue mich sehr von dir und deinen Erfahrungen lesen zu können! Es scheint ein sehr aufregender, neuer und vor allem naturnaher Lebensabschnitt für dich zu sein. Wir fiebern mit dir mit und freuen uns Neues von dir lesen zu können!
    Wir sind übrigens Anfang Februar Loreen, Marlene, Ulrike und Co. besuchen gefahren. Marlene brachte mich darauf deinen Blog zu lesen...
    Karl und Alfred sind überfordert mit der Situarion gewesen. Aber ich bin mir sicher, Karl hat alles wieder erkannt. Schade, dass du nicht da warst :,)
    Nun hoffen wir du hast weiter eine schöne, fabelhafte und abenteuerreiche Zeit!
    Liebe Grüße besonders von Karl!

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    1. Hallo Lisa, ganz vielen Dank für deine Nachricht! Ich freue mich, von euch zu hören, und hoffe es geht euch gut. Hier ist es tatsächlich sehr anders, aber die Erfahrungen, die ich hier mache, sind wirklich bereichernd!

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