Mwaiseni Mukwai!

Willkommen! Am 13. September, irgendwann nach 16 Uhr sind wir wohlbehalten in Ndola angekommen. Familie Sept (Manuel und Carmen), die Missionare der Liebenzeller Mission, die uns die kommenden 8 Monate begleiten werden, und Familie Mulumbwe (Patson und Marie mit ihren Kindern Felix, Evans und Omrey), eine sambische Familie, die uns hier ebenfalls mentorieren wird, holen uns vom Flughafen ab. Dort haben wir alle ein Business-Visum für die ersten 30 Tage in Sambia erhalten. Ein längerfristiges Visum müssen wir in den nächsten Tagen noch beantragen.
Vom Flughafen ging es dann direkt in unser neues Zuhause. Wir leben alle gemeinsam auf einem Grundstück, jedoch in vier verschiedenen Häusern: In einem der Häuser wohnt Familie Sept, in einem anderen wohnt Familie Mulumbwe, in einem die Jungs aus unserem Team und in einem anderen wir Mädels. Die Häuser sind recht neu und für sambische Verhältnisse auch luxuriös ausgestattet. Unser Mädels-Haus besteht aus einer großen Küche, einem großen Wohn- und Esszimmer, drei Schlafzimmern mit je einem Doppelbett, zwei Bädern und einer seperaten Toilette.
Noch wohne ich alleine in einem der drei Schlafzimmer, doch ab dem 18. September werden noch drei sambische Mädchen und ein sambischer Junge zu unserem Team dazustoßen. Ab diesem Tag teile ich mein Zimmer mit einem sambischen Mädchen. Ich bin gespannt, wie das wird, da die Kultur so anders ist als die deutsche. Das durften wir bereits am ersten Tag in Sambia lernen: Patson Mulumbwe und Manuel Sept haben uns zum Beispiel erklärt, dass man sich hier keine Sachen zuwirft. Oder dass man in den meisten Orten mit den Händen isst. Oder dass man in die Hände klatscht, wenn man jemanden aus der Ferne grüßt. Oder dass nur die Frauen für's Kochen zuständig sind. Oder dass Dinge ausschließlich mit der rechten Hand weitergegeben werden dürfen. Oder dass Frauen ihre Beine nicht überschlagen sollen. Oder oder oder. Es gibt viel zu beachten und manchmal bin ich tatsächlich auch sehr durcheinander, aber die Sambier sind zu meinem Glück sehr nachsichtig mit uns Deutschen.

In den darauffolgenden Tagen haben wir dann Ndola erkundet, einen Gottesdienst der Zambian Baptists Church besucht und auf einem Markt einige Lebensmittel für die kommenden Tage gekauft. 
Der Gottesdienst war sehr beeindruckend. Ich suche gerade nach Worten, um zu beschreiben, was ich dort gesehen habe. Die Männer und Frauen sitzen getrennt: Die Frauen sitzen an der linken Wand, die Männer an der rechten. Jeder hat sich herausgeputzt, denn der Sonntag ist der wichtigste Tag der Woche. Am eindrücklichsten war für mich aber der Gesang. Drei verschiedene Chöre haben fast eine Stunde lang laut gesungen, geklatscht und getanzt - die Frauen in ihren schicken Kleidern und ihrem bunten Chitenge (eine Art Tuch, das die Frauen sich um die Hüfte binden), die Männer in ihren gebügelten Hemden und den edlen Anzügen. Es war ein reges und vor allem farbenfrohes Treiben im Altarraum. Ich hätte noch viel länger zusehen und zuhören können, auch wenn ich kein Wort verstehen konnte, da die Chöre nur Bemba gesungen haben. Nichtsdestotrotz freue ich mich schon riesig auf den nächsten Gottesdienst.
Noch viel spannender war aber der Besuch auf dem Markt. Die meisten Sambier kaufen ihre Lebensmittel auf dem Markt, da es so viel billiger ist als im Supermarkt. In Hütten aus Holz oder auf dem Boden sitzend, verkaufen hunderte Sambier alles, was man sich vorstellen kann: Schuhe, Öl, frisches Obst und Gemüse, lebendige und tote Tiere, Wandfarbe, Süßigkeiten, Stoffe, Kleidung, Autoreifen, Sofas, Mehl, Nüsse, SIM-Karten, Taschen und noch viel mehr. Mit Marie Mulumbwe sind wir über den Markt gehetzt und haben hier und da etwas eingekauft. Marie hat uns zudem einige Spezialitäten aus Sambia gezeigt, zum Beispiel Kapenta (kleiner, getrockneter Fisch), Maismehl (daraus wird Nshima gekocht, eine Art Maisbrei) oder verschiedene Blätter (Kürbisblätter, Süßkartoffelblätter, ...), die frittiert und dann zum Nshima serviert werden. Zum Schluss sind wir an den Hühnerkäfigen vorbeigelaufen. Nach kurzem Überlegen teilt Marie uns mit, dass sie zwei lebende Hühner kaufen will. Ich, naiv wie ich bin, frage Marie, ob sie die später schlachten will. "Natürlich!", sagt sie sofort. Nachdem mir meine Gesichtszüge entglitten sind, hat sie mich verständnislos angeschaut und ich habe versucht zu erklären, dass ich in Deutschland kein Fleisch esse und niemals ein Tier töten könnte. Das konnte Marie so gar nicht verstehen. "Hühner sind doch zum Essen da!", sagt sie. Wir kaufen also zwei Hühner und nehmen sie mit nach Hause. Marie legt sie neben unsere Eingangstür in den Schatten. Sie sehen ziemlich zugerichtet aus und haben auch kaum Kraft, um zu stehen. Ich gebe ihnen Wasser, um ihnen die letzten Minuten ihres Lebens so angenehm wie möglich zu gestalten. Da kommt Marie auch schon mit dem Messer um die Ecke. Was darauf folgt, erkläre ich lieber nicht zu ausführlich. Ich weiß jetzt auf jeden Fall, wie man ein Huhn tötet, rupft, zerschneidet und auseinandernimmt. Ich weiß, welche Organe man essen kann und wovon man lieber die Finger lassen sollte. Ich weiß, wie sich zersplitternde Knochen anhören und wie lange es eigentlich dauert, ein Huhn verzehrfertig zuzubereiten. Wir haben auf dem Markt auch Fisch gekauft. Wir entfernen die Schuppen und die Flossen, nehmen die Innereien heraus (nur die Fischeier bleiben drin, denn die sind hier eine besondere Delikatesse) und schneiden ihn in Stücke. In den nächsten Tagen werden wir die Hühner und den Fisch dann essen. Auch ich. Denn Fleisch ist ein Grundnahrungsmittel der Sambier. Es gibt nahezu keine Mahlzeit ohne Fleisch. Doch nach diesem Erlebnis bin ich mir sicher, dass ich mich in Deutschland weiterhin vegetarisch ernähren werde. 

Außerdem habe ich zum ersten Mal Nshima selbst gekocht. Ich durfte einmal bei Marie zuschauen und am nächsten Tag habe ich es dann selbst probiert. Man braucht erstaunlich viel Kraft, um den Maisbrei minutenlang im Topf umrühren zu können. Marie hat mich gelegentlich unterstützt, doch am Ende war es mein Nshima. A german Nshima. Die sambische Jury hat ihn - glücklicherweise - für gut befunden und so darf ich auch in nächster Zeit das sambische Nationalgericht für uns kochen.

Es ist wirklich eine andere Welt. Ich lerne hier aber nicht nur viel über die sambische Kultur - auch über 10.000 km von meiner Heimat entfernt, lerne ich noch so einiges über meine eigene Kultur. Verrückt, oder?


Geschäftiges Treiben auf dem Masala-Markt in Ndola.

Eine Frau im Chitenge (rechts) auf dem Masala-Markt.

Unter Beobachtung nehmen Marie und ich eines der Hühner auseinander. 

Uta und Marie bereiten den Fisch zu.

Der Sonnenuntergang vor unserem Haus. Durch den Staub erscheint die Sonne immer wie ein riesiger Feuerball.

Meine "Impact-Familie".
Hinten: Jannik, Gilbert und Tobi.
Vorne: Manuel, Carmen, Mwango, ich, Miriam, Eness, Uta, Memory, Marie und Patson.

Nshima mit Raps-Blättern, diversen Körperteilen eines Hühnchens und sehr viel Öl.


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